Baggerseen sind doch bekannt dafür, dass man … dort so wunderschön baden kann. Oder gibt es noch etwas anderes, was ihr mit dem Begriff „Baggersee“ verbindet? Also ich denke dabei noch an etwas anderes …

Und zwar seit dem letzten Sommer, seit ich dort einmal beinahe ein wunderschönes erotisches Abenteuer erlebt habe.

Vorher hatte ich mich immer gewundert, wenn meine Freundinnen, die zum Teil ein, zwei Jahre älter sind als ich, also schon 20 oder sogar 21, die noch wenige Jahre vorher immer ganz wild darauf waren, mit mir gemeinsam schwimmen zu gehen, auf einmal zumindest dafür keine Zeit mehr hatten.

Spätestens als ich eine meiner Freundinnen dann an einer sehr diskreten, verschwiegenen Stelle am Baggersee beim Knutschen mit einem etwa gleichaltrigen Boy erwischt habe, wurde es mir dann so langsam klar, dass das Schwimmengehen als erwachsenen Teen Girl irgendwie eine andere Bedeutung bekommt.

Ich selbst war allerdings wirklich immer bloß zum Schwimmen an den Baggersee gegangen, weil es dort eben einfach erheblich kühler, ruhiger und angenehmer ist als in einem öffentlichen Schwimmbad. Für das Flirten oder gar mehr war es mir allerdings immer viel zu heiß erschienen.

Wenn dann von meinen Freundinnen niemand mitgehen wollte – oder vielmehr, nachher zum heimlichen Küssen und mehr mit einem Jungen statt mit mir hingehen -, bitte, dann ging ich eben allein.

Weil es allerdings nicht sonderlich angenehm ist, dabei zusehen zu müssen, wie andere Pärchen sich wahlweise entweder schon zusammengefunden haben oder am Baggersee gerade zusammenfinden, während man da als Single Girl einsam herumsitzt, hatte ich es mir angewöhnt, mich ein wenig von dem allgemeinen Trubel zurückzuziehen.

Der Baggersee bei uns ist zum Glück verzweigt und weitläufig genug, dass da jeder seinen Platz findet; der, der lieber ganz allein ist ebenso wie der, der am liebsten mitten in einer Menschenmenge schwimmt oder sonnenbadet.

Eine kleine, etwas versteckte Bucht war es, die zu meinem Lieblingsplatz wurde. „Meine Bucht“ nannte ich sie schon.

Umso mehr ärgerte es mich, als ich an einem Nachmittag dorthin kam und feststellen musste, dass sich ganz offensichtlich schon ein anderer in „meiner Bucht“ niedergelassen hatte. Von ihm selbst war zwar nichts zu sehen – aber da lag eine Decke, auf der wild durcheinander Klamotten verstreut waren, und nebendran standen ein Sonnenschirm, eine Kühltasche und eine große Sporttasche.

Zuerst wollte ich mich wieder verziehen; doch dann überlegte ich mir, dass ich ja schließlich vorher da gewesen war; wenn auch nicht unbedingt an diesem speziellen Nachmittag.

Ich breitete also meine Decke direkt neben der des Eindringlings aus – gerne hätte ich mehr Abstand gewahrt, doch dafür reichte leider der Platz nicht aus -, und machte es mir so gut es ging gemütlich.

Wer auch immer sich meinen Platz erobert hatte, er ließ sich mit dem Zurückkommen vom Schwimmen reichlich Zeit; ich genoss es, die Bucht doch für mich allein zu haben, sonnte mich, döste vor mich hin – und war auf einmal eingeschlafen.

Ihr ahnt bestimmt schon, was jetzt kommt – ja, genau, ich wurde geweckt von ein paar eisigen Wassertropfen, die auf meinen nackten Bauch fielen, genau zwischen Bikini-Oberteil und Bikini-Höschen.

Wie von der Tarantel gestochen fuhr ich auf und wollte den Verursacher dieses unerwünschten Weckdienstes gerade gewaltig zur Schnecke machen, da blieb mir regelrecht das Wort im Halse stecken, und ich starrte ihn sprachlos an.

Ja, es war ein Er, und dank Sonnenbrille konnte ich ihn auch recht deutlich erkennen, trotz des gleißenden Sonnenlichtes.

Ich hatte noch nie einen so gut aussehenden Mann gesehen. Und damit meine ich nicht die kalte, geleckte Schönheit männlicher Models, sondern echte Ausstrahlung, die weit über einen schönen Körper hinausgeht.

Richtig hässlich kam ich mir neben ihm vor; obwohl ich nun auch nicht gerade die Unhübscheste bin.

„Oh, Entschuldigung“, sagte er sofort sehr zerknirscht, und seine Stimme war noch erotischer als sein Aussehen.

Ich war hin und weg.

Seit diesem Augenblick glaube ich an die Liebe auf den ersten Blick. Das Dumme war nur, ich war wie gelähmt. Ich fror, obwohl die Sonne heiß auf uns herunter schien, ich zitterte, ich suchte nach Worten und fand keine.

Ein „nicht so schlimm“ konnte ich wenigstens irgendwann murmeln, und dann fiel mir auch schon nichts mehr ein. Dabei hätte ich ihn am liebsten über sich selbst und sein ganzes Leben ausgefragt, ich hätte ihm gerne meine so flammend erwachte Liebe gestanden.

Hätte er nicht versucht, ein wenig Small Talk zu machen, wir hätten einfach stumm nebeneinander gesessen.

So unterhielten wir uns wenigstens, wenn auch von mir mehr Gestammel als sonst was kam. Und ich überlegte immer noch krampfhaft, wie ich das Gespräch auf etwas Privates, wie ich um Himmelswillen vielleicht einfach anfangen konnte zu flirten, als auf einmal noch jemand triefend und prustend aus dem Wasser kam.

Diesmal war es allerdings kein Er, sondern eine Sie.

Sie warf sich patschnass auf die Decke – wobei ich einen erneuten kalten Tropfenregen abbekam -, gab ihm besitzergreifend einen Kuss, stellte sich mir mit einem strahlenden Lächeln vor.

Und versaute mir nicht nur damit, sondern alleine mit ihrer Anwesenheit sehr gründlich und endgültig meine Laune.

Warum zum Teufel musste ein so schöner junger Mann unbedingt schon eine Freundin haben? Und auf einmal, mühelos, fielen mir jetzt natürlich auch die besten Flirtsprüche für ihn ein.

Zu spät!

Aber so gut wie mein Wachtraum von dem Flirt mit ihm, den ich dann nachher genoss, als ich wieder alleine in der Bucht war – die beiden waren bald gegangen – wäre der echte Flirt vielleicht auch gar nicht geworden.